Als ich 2006 der WM entgegengefiebert habe, war mir selber nicht klar, welche Grenzerfahrung ich in diesem Jahr erleben musste. Das Sommermärchen überstrahlte alles, als Fußballfan fieberte ich der WM in Deutschland entgegen.
Zur damaligen Zeit war ich als Sozialarbeiter bei dem Verein Arkade im Jugendhilfebereich tätig.
Wir haben damals versucht, junge Menschen eine Alternative zu geben, die ihr Herkunftssystem verlassen mussten, um in einer Gastfamilie zu leben.
Patrick war zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre alt und hatte frühkindliche Gewalt erfahren. Er lebte bei einer Gastfamilie irgendwo im Allgäu.
Endlich war er angekommen, er fühlte sich wohl. Hier war es nicht wichtig, dass er z.B. den Wortschatz eines 4-Jährigen hatte.
Nach 2 Monaten verstarb sein Gastvater an einer unheilbaren Krankheit. Für Patrick brach eine Welt zusammen. Er reagierte extrem und war in der Folge in keiner Jugendhilfemaßnahme mehr haltbar.
Ich entschloss mich trotz der Fußball WM dazu, mit ihm nach Schweden in die Wildnis zu gehen, er als Systemsprenger, ich in einer Eins-zu-Eins Betreuung mit ihm.
Leider endete dieser Hilfeversuch mit einem Messerangriff auf mich und ich musste die Maßnahme nach 2 Monaten abbrechen.
Diese Nahtoderfahrung hat mich in meiner Profession über Jahre geprägt und auch gestärkt.
Der Tod von Franz Beckenbauer berührt mich sehr, Fußball bleibt für mich die wichtigste Nebensache der Welt.
(Florian)
Florian Nägele arbeitet seit vielen Jahren als Streetworker. In seiner Kolumne bei #imländle erzählt er monatlich von seinen vielfältigen Begegnungen mit Menschen und teilt seine Gedanken und Gefühle mit uns.
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