Eines Tages kam Jost, ein anderer Junge aus dem Heim, in mein Zimmer gestürmt und behauptete, ich hätte seine Fußballschuhe geklaut. Ganz unwahrscheinlich war das nicht – in diesem Fall jedoch nicht zutreffend.
Obwohl ich ihm dies sagte, fing er an, meine Sachen zu durchwühlen und riss meinen Schrank auf. Das konnte ich gar nicht haben. Wütend schrie ich ihn an, und als er nicht aufhörte, nahm ich kurzerhand die Gitarre und zog sie Jost über den Kopf. Er brach sofort heulend zusammen– ich hatte ihn mit der Kante getroffen und das Blut strömte aus zwei großen Wunden auf seinem Kopf. Jost musste genäht werden und sein Vater – ein Polizist – machte mir die Hölle heiß. Die Gitarre war hinüber.
Doch Swoboda (ein Betreuer im Heim) hatte gesehen, dass Musik gut für mich war, mich beruhigte und mir ein wenig Struktur gab, manchmal sogar ein Lächeln auf mein Gesicht zauberte. Und so kaufte er mir von seinem eigenen Geld eine gebrauchte Gitarre, damit ich weiterspielen konnte. Swoboda hat mich nachhaltig beeindruckt und er hatte einen guten Einfluss auf mich.
Irgendwann mussten jedoch auch Swoboda und Ärmler (ein anderer Betreuer) zugeben, dass sie mit mir überfordert waren, und so bekam mein Vater eines schönen Sommertages den befürchteten Anruf: Er müsse mich abholen.
Schon als Baby von der Mutter ausgesetzt und vom Vater ins Heim abgeschoben. Wilhelm Buntz führte jahrelang ein Leben als Verbrecher und landet im Gefängnis. Dort dreht er sich Zigaretten aus der Bibel, begegnet Gott und schlägt einen neuen Weg ein. Mit Auszügen aus seiner Biographie „der Bibelraucher“ teilt der Ex-Knacki in seiner Kolumne bei #imländle seine Lebensgeschichte mit uns.
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Wilhelm Buntz: Der Bibelraucher, © 2018/2022 SCM Hänssler in der SCM Verlagsgruppe GmbH, D-71088 Holzgerlingen.