Das Gefühl namens Sorge

Das Gefühl namens Sorge

04. Mai 2022

Als ich 2008 mit Streetwork angefangen habe, war ich 35 Jahre alt, lebte alleine und ging sehr leicht und unbeschwert durchs Leben. Ich wusste, was ich kann, hatte genug Berufserfahrung und verspürte einen großen Vertrauensvorschuss durch meinen Arbeitgeber. 


Neben der Arbeit stand ich privat mit meiner Band auf vielen Bühnen und lebte oft in den Tag hinein.


Immer mit einem großen Anspruch, meiner Arbeit gerecht werden zu wollen, stieß ich nur dann an meine Grenzen, wenn das Thema Gewalt auf der Straße zu sehr überhandnahm. Auch wenn ich mich oft in brenzligen und gefährlichen Situationen befand, verspürte ich keine wirkliche Angst.


Streetwork war und ist für mich eine Grenzerfahrung, in der man sich verlieren kann, umso wichtiger sind Menschen in meinem privaten Umfeld geworden.


Heute bin ich 49 Jahre alt, bin zweifacher Familienvater und trage als Leitung viel Verantwortung für meine KollegInnen.


Mit der Geburt meines ersten Sohnes im Februar 2016 kam der große Einschnitt. Neben all den wunderschönen Momenten, die ich dadurch erleben durfte, war da plötzlich ein neues Gefühl namens Sorge.


Bei den schrecklichen Bildern, mit denen wir jeden Tag aus der Ukraine konfrontiert werden, wird mir klar, welche unmenschlichen Sorgen all diese Menschen haben.


Was mir persönlich dabei den meisten Halt gibt, ist und bleibt meine Familie und insbesondere mein Lieblingsmensch – meine Frau.


Claudi, ich liebe dich.


(Florian)


 


Florian Nägele arbeitet seit vielen Jahren als Streetworker. In seiner Kolumne bei #imländle erzählt er monatlich von seinen vielfältigen Begegnungen mit Menschen und teilt seine Gedanken und Gefühle mit uns.



Du möchtest noch mehr über die Arbeit von Flo und seinem Team erfahren? Dann schau mal hier: www.misa-arkade-ev.de

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