Das Ziel unserer Fahrt war ein Heim im bayerischen Peiting, es dauerte Stunden, bis der Wagen endlich anhielt und ich aussteigen durfte. Herr Egle (der die Einrichtung führte) sprach in den ersten Tagen ausführlich mit mir. Irgendwie fand er heraus, dass ich mir vorstellen könnte, Konditor zu werden. Ich mochte wohl besonders gerne alles, was irgendwie süß war. So kam ich in die Lehrbäckerei und arbeitete dort einige Tage. Egle hatte den richtigen Riecher gehabt: Die Arbeit fing an, mir Spaß zu machen. Endlich etwas, wofür es sich aufzustehen lohnte, etwas Handfestes und etwas, für was ich Anerkennung bekam! Doch eines Morgens verspürte ich einen fürchterlichen Juckreiz. Ich fing an, mich unter der Decke zu kratzen, und merkte, wie unregelmäßig meine Haut war. Ich sprang aus dem Bett und rannte zum Waschbecken. Aus dem kleinen Spiegel starrte mich ein Streuselkuchen an. Ich hämmerte an die Tür und der ebenso schockierte Egle brachte mich sofort ins Krankenhaus. Ich hatte eine Mehlallergie – meine Ausbildung zum Konditor war beendet. Als ich nach einigen Tagen aus der Hautklinik entlassen wurde, dämmerte mir, was das Konditor-Aus bedeutete: Ich hatte gerade erst angefangen, zu ahnen, dass ich doch zu etwas nütze sein könnte, aber diese Hoffnung war nun ein für alle Mal zunichtegemacht.
Schon als Kind ungewollt und unter härtesten Bedingungen aufgewachsen. Wilhelm Buntz führte jahrelang ein Leben als Verbrecher und landet im Gefängnis. Dort dreht er sich Zigaretten aus der Bibel, begegnet Gott und schlägt einen neuen Weg ein. Mit Auszügen aus seiner Biographie „der Bibelraucher“ teilt der Ex-Knacki in seiner Kolumne bei #imländle seine Lebensgeschichte mit uns.
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Wilhelm Buntz: Der Bibelraucher, © 2018/2022 SCM Hänssler in der SCM Verlagsgruppe GmbH, D-71088 Holzgerlingen.