
Wenn die Lichter ausgehen, dann ist die Welt eine andere
- Dezember 18, 2020
- by
- Janine Lehleiter
René Magrittes surreale „andere“ Welten haben Janine verleitet, in ihrer Kunst-Kolumne In Kunst denken diesen im April entstandenen Text zu teilen.
Wenn die Lichter ausgehen und der Ton auf stumm stellt, dann ist die Welt eine andere.
Dann ist die Welt nicht mehr die große Bühne des Wetteifers. Dann ist das Leben nicht mehr das große Schauspiel des Glanzes.
Was übrig bleibt sind wir. Wir in unserer rohen Gestalt, wir mit allen Kanten, wir mit uns allein. Nackt und entblößt.
Das Rampenlicht, das uns weichzeichnet und uns mit Schein umhüllt, ist erloschen. Das Mikrofon, das unseren Ausdruck filtert und unsere einstudierte Botschaft betont, lässt keinen Klang mehr durch.
Was übrig bleibt sind wir. Hilflos in die Zuschauerrolle gepresst, ohne Einwirkung auf das Geschehen. Ein bisschen Applaus oder entsetztes Raunen – nur Reaktion, keine Aktion mehr gefragt.
Was aber auch übrig bleibt, ist der Mensch in uns.
Der Mensch, der Mensch sein darf, der Mensch sein soll. Der zwar auf der dunklen Tribüne sitzt und dem nichts übrig bleibt, als dem Spektakel zu zuschauen.
Aber auch der, der seinen Instinkten folgen kann, ohne auf den Funken zu achten, den er aussendet. Der auf sein Herz hört, durchatmet, weil er es nun kann, ohne die Blicke auf sich zu ziehen, der sich in Reih und Glied fügt und der achtsam auf die vielen Köpfe um ihn herum achtet.
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