Heute bin ich im stationären Hospiz im Einsatz. Unter den Patienten befindet sich auch ein Pfarrer, der mit einer Krebserkrankung im Sterben liegt. Als ich vorsichtig ins Zimmer trete, sehe ich im Krankenbett ein fragendes Gesicht. Ich stelle mich vor und frage den Patienten, ob es in Ordnung ist, wenn ich mich zu ihm setze. Einen Pfarrer zu begleiten, der in seinem Beruf selbst so viel mit dem Thema Sterben zu tun hat, macht die Begleitung noch spannender.
Wir unterhalten uns sehr lange und ich merke, dass er seine Privatsphäre sehr schützt. Mit der Zeit öffnet er sich mir gegenüber und erzählt mir, dass er zweimal verheiratet war. Irgendwann kommen wir auf das Thema Sterben, wo ich ihn dann frage, ob er Angst vorm Sterben hat. Er antwortet: „Oh ja, ich habe sehr große Angst vor dem Sterben.“
Eine Woche später besuche ich ihn erneut. Ich gehe zu ihm ins Zimmer, setzte mich, nehme vorsichtig seine Hand und lese ihm aus dem christlichen Gebetsbuch vor. Seine Augen sind verdreht und er starrt mit leerem Blick an die Decke. Die Atemaussetzer kommen immer öfter, womit ich klar erkenne, dass es hier nicht mehr lange geht. Ich versuche, so lange wie möglich bei ihm zu bleiben.
Aus irgendeinem Grund kann er nicht loslassen und seinen Frieden finden. Die Schwestern erzählen mir, dass der Pfarrer ganz klar geäußert hat, wer seinen Leichnam sehen darf und dafür extra eine Tabelle gefertigt hat. Seine Familie steht nicht drauf und die Wünsche jedes Patienten – auch nach dem Sterben – werden mit großem Respekt von uns umgesetzt.
Am selben Tag in den Abendstunden kann er dann seinen Frieden finden.
(Serkan)