Donnerwetter oder Sommerkonzert

Donnerwetter oder Sommerkonzert

19. Juli 2017 Kinder sind großartig. Ihre Phantasie ist grenzenlos. Über die Vorstellungskraft der Youngster können wir Alten oftmals nur staunen und, wenn wir genau hinhören, viel für das eigene Leben lernen.

#imländle scheint die Sonne. Wir genießen die Hitze und ab und an die kühlenden Sommergewitter. Für manche von uns mögen Donnergrollen und Blitzschlag ein Spektakel sein. Auf andere wirken die Naturgewalten unheimlich, auf manche Kids sogar bedrohlich.
Neulich war es wieder so weit: Ein Gewitter braute sich zusammen.

Über den schwäbischen Bergen zogen dunkle Wolken auf, der Blitz leuchtete durch das tiefe Schwarz, wenige Sekunden später hörten wir einen lauten Donnerschlag. Ich war mit zwei Jungs, beide sechs Jahre alt, im Auto auf dem Weg nach Hause und plötzlich mittendrin im Unwetter. Der Platzregen prasselte auf die Frontscheibe. „So eine Scheiße“, murmelte ich und schielte über den Rückspiegel zu den Kindern.
Der eine Sprössling saß mit eingezogenem Kopf auf der Rückbank, der andere klebte mit der Nase am Fenster und strahlte wie ein Honigkuchenpferd.

Was wohl in ihren Köpfen vorging, überlegte ich, bevor der nächste Donner zu hören war.
„Yeah“, rief das Honigkuchenpferd.
„Ich will heim“ wimmerte der andere Bub.
„Warum?“, wollte der glückliche Bursche wissen. Bevor Mr. Angst Luft holen konnte, schoss Mr. Happy seine Begeisterung in unsere trübe Stimmung. Er trommelte mit den Zeigefingern auf die Kopflehne des Vordersitzes und juchzte, als einem grellen Blitz der nächste Kracher folgte.
„Hast du keine Angst?“, flüsterte sein Kumpel.
„Warum denn? Wir sind mitten im Konzert. Der liebe Gott spielt Schlagzeug und es gibt sogar eine Lichtmaschine. Die Regentropfen sind die Fans, die klatschen voll laut, weil es sich voll gut anhört.“
Ich grinste und spähte weiter in den Rückspiegel.

Mr. Angst schien über die Sichtweise seines Freundes nachzudenken. Sein Gesichtsausdruck entspannte sich. Dann lachte er, warf die Ärmchen in die Luft und fing an, wild mit seinen Phantasie-Drumsticks zu spielen. Danach gab es kein Halten mehr. Die Jungs hämmerten auf ihr Luftschlagzeug, kicherten und jubelten mit jedem Donnerschlag. „Petra, halt an, wir wollen nicht nach Hause, jetzt kommt gleich das nächste Lied“, rief der Angsthase, der jetzt keiner mehr war.
Wir feierten ein Sommerkonzert.

So kam es, dass wir an irgendeinem Dienstag irgendwo #imländle bei Platzregen und heftigem Gewitter auf einem Feldweg, ungefähr tausend Meter vom sicheren Zuhause entfernt, in meinem kleinen Auto saßen. Der Regen tanzte auf den Scheiben, die Blitze über den Himmel und wir feierten ein ausgelassenes Sommerkonzert. Ich fühlte mich wie Matt Cameron und die Kids hatten einen Riesenspaß. Irgendwann, als die Scheiben beschlagen waren, der Himmel sich aufgehellt hatte und das Gewitter weitergezogen war, fuhren wir in ausgelassener Stimmung los. Auf der Rückbank saßen zwei glückliche Kinder, die das nächste Konzert kaum erwarten konnten.
Am Abend lag ich bei Sommerhitze und offenem Fenster im Bett und mir wurde klar:
Wie schön, wenn man Freunde hat, die mit ihrer Sichtweise aus dunkel hell machen können. Und wie schön, wenn man sich selbst die Chance gibt, Hilfe anzunehmen, wenn man über seinen Schatten springt und aus dem Nichts heraus die Sonne wieder scheint.
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