Florians #Kolumne
Als ich vor Jahren mit drei jungen Männern aus der rechtsextremen Szene nach Freiburg fuhr, war mir nicht klar, was daraus entstehen würde.
Wir waren auf dem Weg, einen von ihren Freunden im Bewährungswohnheim zu besuchen. Wir holten ihn ab und liefen gemeinsam durch die Stadt. Als wir an einer Tankstelle vorbeikamen, erzählten sie mir, wer diese überfallen und ausgeraubt hatte. An der nächsten Ecke angekommen, berichteten sie mir von einer Straßenschlacht und so ging es munter weiter. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass ich an einer alternativen Stadtrundfahrt teilnahm.
Ich bewege mich seit Jahren in der Grauzone in Friedrichshafen und kenne die Stadt von ihrer dunkelsten Seite. So war es naheliegend, in meiner Funktion als Streetworker auch eine Stadtrundfahrt anzubieten.
Gestern war ich wieder einmal mit interessierten Menschen unterwegs. Am Ende der Rundfahrt kam ein Mann auf mich zu und sprach mich an. „Bist du der bekannte Streetworker?“ Ich fühlte mich geschmeichelt und bejahte seine Frage. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte mir seine Lebensgeschichte. Er war zehn Jahre drogenabhängig und „hing an der Nadel“.
Eine Einrichtung in Berlin war seine Rettung, es würde sogar einen Film über seinen Ausweg aus den Drogen geben. Sehr schnell wurde mir klar, dieser Mann hat mehr zu sagen wie ich.
Er ist 73 Jahre alt!
(Florian)
Florian Nägele arbeitet seit vielen Jahren als Streetworker. In seiner Kolumne bei #imländle erzählt er monatlich von seinen vielfältigen Begegnungen mit Menschen und teilt seine Gedanken und Gefühle mit uns.
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