
Fleischlos glücklich
- Oktober 01, 2018
- by
- Maya Maser
Vegetarismus – es gibt wohl wenige Themen auf dieser Welt, über die so sehr gestritten wird wie über den Verzicht auf tierische Produkte. Dabei gibt es gute Gründe, sich für den vegetarischen oder auch veganen Lebensstil zu entscheiden. Unsere Lektorin Miri hat’s schon getan: Sie lebt seit acht Jahren vegan.Aber wie ist das bei euch? Zum heutigen Welt-Vegetariertag haben wir einen Aufruf gestartet: Wir wollten wissen, warum ihr fleischlos glücklich seid. Das sind eure Antworten:
Petra, 49 Jahre alt, aus Winterlingen
„Vor etwa 20 Jahren habe ich im Stern einen Bericht über Massentierhaltung gelesen. Die Bilder waren so schrecklich, dass ich mich spontan entschied, kein Fleisch mehr zu essen. Seither habe ich es auch nie wieder getan – obwohl die ersten Jahre schwer waren. Hähnchen und Fleischkäswecken haben mich immer wieder auf eine harte Probe gestellt.
Dass das Elend in der Milchindustrie aber genauso gnadenlos weitergeht, war mir durchaus bewusst und die logische Konsequenz war die absolut vegane Ernährung. Das habe ich aber lange herausgezögert. Erst als meine Tochter – sie ist seit ihrem neunten Lebensjahr Vegetarierin – mir verkündet hat, dass sie nun Veganerin ist, und gefragt hat, ob ich mitmachen möchte, habe ich mich dazu durchgerungen, es auch zu versuchen. Das ist nun über zwei Jahre her und ich habe es nicht bereut.
Unsere Blutwerte zum Beispiel (ich hatte immer erhöhtes Cholesterin) sind absolut super! Dabei haben wir es beide nie aus gesundheitlichen Gründen gemacht. Es fehlt uns an nichts.
Ich weiß, dass ich nichts am Weltgeschehen ändere, aber ich fühle mich einfach wohler, wenn ich mich nicht in der Verantwortung sehen muss, am Leid so vieler Lebewesen schuld zu sein.“
Julian, 26 Jahre alt, aus Bad Saulgau
Jochen, 37 Jahre alt, aus Sulz am Neckar
„Vor etwa 13 Jahren habe ich mich dazu entschlossen, Vegetarier zu werden. Seit Juli 2013 lebe ich vegan. Ein guter Freund von mir wurde Veganer und ich habe mir gedacht, wenn er das schafft, dann versuche ich das auch mal für zwei Wochen. Schon in diesen Testwochen wurde mir bewusst, dass es – im Gegensatz zu meinen Befürchtungen – absolut leicht ist, sich ausschließlich vegan zu ernähren. Hinzu kam, dass ich mich innerhalb kürzester Zeit besser fühlte.
Ein bisschen schwieriger wurde es in meinem Umfeld, was ich aber im Nachhinein als Glücksfall betrachte. Dadurch, dass ich offensiv mit dem Thema umging, kam es zu einigen Diskussionen. Diese sorgten dafür, dass ich mich in das Thema noch mehr eingelesen habe und auch mit den ethischen Argumenten in Kontakt kam.
Da ich mich nicht nur auf die veröffentlichten Recherchen verschiedener Tierrechtsorganisationen verlassen wollte, habe ich auch öfter die Gelegenheit genutzt und im Zuge sogenannter „gläserner Produktionen“ verschiedene Bauernhöfe besucht. Zwar gab es dort keine Missstände, wie man sie aus dem Fernsehen kennt, was mich jedoch mehr erschüttert hat, war, wie grausam die Produktion tierischer Lebensmittel ist, die als normal angesehen und hingenommen wird. Zum Beispiel das Töten der männlichen Kälber und Küken für Milch und Eier, das Enthornen der Kühe, das Abschleifen der Zähne und das Abschneiden des Ringelschwanzes bei Schweinen. Die extrem kurze Lebenszeit teilen sich alle Tiere, die wir nutzen. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass diese Tiere genauso an ihrem Leben hängen wie wir Menschen und dass es genauso ein Unrecht ist, diese Tiere zu quälen, auszubeuten und zu töten, wie es ein Unrecht ist, es einem Menschen anzutun.
Gerade in der heutigen Zeit ist es so einfach, vegetarisch oder vegan zu leben, dass es absolut unnötig ist, so viel Leid unter unseren Mitgeschöpfen anzurichten. Die gesundheitlichen und ökologischen Vorteile einer veganen Ernährung sind für mich deshalb eher zu positiven Nebeneffekten geworden.”
Vanessa, 20 Jahre alt, aus Balingen
„Ich bin seit vier Jahren, also seit meinem 17. Lebensjahr, Vegetarierin. Wie bin ich dazu gekommen? Als meine Familie anfing, ihre Ernährung umzustellen, und sich um eine gesunde Lebensweise bemühte, bin ich einfach mit eingestiegen. Anfangs – über zwei, drei Wochen – habe ich manchmal vergessen, dass ich doch eigentlich vegetarisch essen wollte. Doch danach hatte ich sogar eine vegane und dann eine rohvegane Phase. Das war leider nur von kurzer Dauer, da mir das im Alltag zu aufwendig war.
Doch für mich war und ist es moralisch nicht mehr vertretbar, Tiere zu essen. Wir leben im Wohlstand und können gut darauf verzichten.
Vegetarier-Gegner verstehe ich nicht. Leben und leben lassen heißt es doch! Warum dann Menschen anfeinden, die keine Tiere essen wollen? Die zum Beispiel Massentierhaltung nicht unterstützen wollen?
Ich appelliere gerne an Menschen, die sich für das Thema interessieren, jedoch gilt auch für mich: Leben und leben lassen.“
Sigrid, 58 Jahre alt, aus Dormettingen
„Ich bin seit Januar Vegetarierin, weil ich es nicht mehr unterstützen möchte, dass Tiere wie Massenware produziert werden und ihr Leben nichts wert ist. Außerdem möchte ich nicht verantworten, wie diese Tiere im Schlachthof geschlachtet werden und mit welcher Brutalität und Rohheit dort mit Lebewesen umgegangen wird. Außerdem möchte ich auch nicht der Grund dafür sein, dass Lebewesen bei vollem Bewusstsein überbrüht und gehäutet werden. Eben daran wäre ich nämlich beteiligt, wenn ich Fleisch von auf diese Art und Weise geschlachteten Tieren essen würde. Aus diesem Grund ernähre ich mich seit diesem Jahr überwiegend von Obst und Gemüse, ergänzt mit Hülsenfrüchten, Eiern, Kartoffeln und Nudeln.
Ich bin auch kein Konsument von sogenannten Ersatzprodukten. Ich habe mich ganz bewusst für eine fleischlose Ernährung entschieden und dann möchte ich auch kein Schnitzel, das kein Schnitzel ist, und auch keine Wurst, die zwar nach Salami schmeckt, aber keine Salami ist. In diesen Produkten sind mir zu viele Zusatz- und Ersatzstoffe sowie Geschmacksverstärker enthalten.
Um in Sachen Nachhaltigkeit meinen Teil beizutragen, kaufe ich Obst und Gemüse ausschließlich bei regionalen Produzenten im Hofladen oder ernte voller Freude im eigenen Garten.“
Meike, 49 Jahre, aus Tübingen
Anne, 23 Jahre, aus Bern
Marie, 20 Jahre alt, aus Konstanz
Anastasia, 25 Jahre alt, aus Albstadt
Ich esse seit etwa zwei Jahren kein Fleisch mehr und ernähre mich zurzeit hauptsächlich vegan. Angefangen hat alles mit einem Experiment: Eines Tages merkte ich, dass tierisches Fett meiner Verdauung nicht guttut, und ließ es für etwa zwei, drei Wochen weg. Danach aß ich wieder Fleisch und merkte sofort den Unterschied: Ich fühlte mich plötzlich schwer und träge. Danach war mir klar, dass Fleisch nichts für meinen Körper ist. Dieses Experiment kann ich jedem empfehlen.
Heute gruselt mich allein die Vorstellung, totes Gewebe meinem Körper zuzuführen. Der Spruch ‚Man ist, was man isst‘ bringt da einen schon zum Nachdenken. Pflanzliche Ernährung hat nichts mit Verzicht zu tun, im Gegenteil: Sie bietet mehr Abwechslung und Fülle. Früher habe ich nie so lecker und vollwertig gegessen wie heute.
Als ich mich mit dem Thema mehr beschäftigte, wurden mir auch weitere Vorteile der pflanzlichen Ernährung klar. Würde man Ackerflächen, auf denen Futter für Zuchttiere angebaut wird, für menschliche Nahrung verwenden, müsste kein Kind mehr vor Hunger sterben. Und was die Tiere angeht; Schlachthöfe sind sehr weit weg von uns, keiner möchte sich den herzzerreißenden Schrei einer Kuh im Schlachthof antun. Warum tun wir es ihr dann an? Wie kann man seinen Hund streicheln und gleichzeitig ein Schwein für sein Schnitzel umbringen lassen? Ich verstehe das nicht. Zu wissen, dass für mein Essen kein fühlendes Wesen zu Lebzeiten leiden und am Ende brutal geschlachtet werden musste, fühlt sich für mich einfach richtig an.“
Oliver, 46 Jahre alt, aus Nagold
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